Merkaš, M., Grujicic, N., Geier, M., Glieder, A., & Emmerstorfer-Augustin, A.
Hefe als High-Tech-Produktionsstätte: Ein optimierter molekularer Wegweiser für die Zukunft
Der molekulare Wegweiser: wie Proteine ihren Weg finden
Doch der Weg ist nicht immer geradlinig. Die Signalsequenz durchläuft in der Zelle mehrere Verarbeitungsschritte, bei denen bestimmte Enzyme, wie die Proteasen Kex2 und Ste13, wie molekulare „Scheren“ wirken und unerwünschte Proteinabschnitte entfernen. Wenn diese Schritte nicht perfekt ablaufen, kann es zu Problemen kommen: Das Protein wird falsch sortiert, verklumpt im Zellinneren oder wird unvollständig prozessiert. Gerade in Komagataella phaffii ist die Effizienz der Ste13-Protease oft geringer als in der Bäckerhefe. Solche Fehler können die Ausbeute und Qualität des Endprodukts massiv beeinträchtigen – ein großes Hindernis, besonders bei Medikamenten, die strenge Qualitätsanforderungen erfüllen müssen.
Forschung am Limit: innovationen für höhere Effizienz
- Maßgeschneiderte Signalsequenzen: Wissenschaftler verändern die MFa-Signalsequenz gezielt durch Mutationen – also kleine Änderungen in der Abfolge der Bausteine. Diese Anpassungen können die Sekretionseffizienz stark verbessern. So wurde beispielsweise durch den Austausch einzelner Aminosäuren die Ausschleusung von Antikörperfragmenten oder dem Granulozyten-Kolonie-stimulierenden Faktor, einem therapeutisch wichtigen Protein, deutlich erhöht.
- Hybrid-Signale: Eine weitere Strategie ist die Kombination von Teilen der MFa-Signalsequenz mit anderen Signalpeptiden. So wurde eine Hybridsequenz aus dem pre-Ost1-Leader und der pro-MFa-Region entwickelt. Diese Kombination zeigte bei bestimmten Proteinen, wie dem Rotfluoreszenzprotein E2-Crimson oder dem Enzym Lipase 2, eine bis zu zwanzigfache Effizienzsteigerung.
- Optimierung der Hefezellen: Nicht nur der molekulare Wegweiser selbst, sondern auch die Hefezellen als Produktionsorganismus werden optimiert. Dies reicht von der Wahl der richtigen Hefestämme und Promotoren (Startschaltern für die Proteinproduktion) bis hin zur „Zell-Engineering“. Dabei werden die zelleigenen Mechanismen, wie die sogenannte „Unfolded Protein Response“ (UPR) – eine Art zelluläre Qualitätskontrolle bei Proteinfehlfaltung – gezielt verbessert, um Stress zu reduzieren und die Faltung der Proteine zu unterstützen.
Künstliche Intelligenz und High-Throughput-Screening: Moderne Bioinformatik und maschinelles Lernen ermöglichen es, tausende potenzieller Signalsequenzen zu analysieren und zu entwerfen. Gekoppelt mit Hochdurchsatz-Screening-Methoden können so schnell neue, noch effizientere Signalpeptide identifiziert werden.